Heute vor 70 Jahren wurde unsere Verfassung, das Grundgesetz, unterzeichnet. Ein Grund zum Feiern und die Leistung der 65 Frauen und Männer des „Parlamentarischen Rates“ zu würdigen. In weniger als einem Jahr haben die Mütter und Väter des Grundgesetzes in intensiven Debatten um die richtigen Lehren aus der Vergangenheit gerungen, dabei Parteigrenzen überwunden und das Fundament für die Bundesrepublik Deutschland geschaffen.
An diesem historisch bedeutsamen Prozess war mit Rudolf Heiland auch ein Marler Sozialdemokrat als Mitglied des Parlamentarischen Rates aktiv beteiligt. Rudolf-Ernst Heiland wurde im Sommer 1948 vom Nordrhein-Westfälischen Landtag in den Parlamentarischen Rat gewählt und gehörte dort dem Ausschuss für Organisation des Bundes, Verfassungsgerichtshof und Rechtspflege, dem Ausschuss für Wahlrechtsfragen und dem Ältestenrat an. Er war ein meinungsstarkes Mitglied des Parlamentarischen Rates und setzte sich besonders für die Stärkung der Verantwortung von Parlament und Parteien ein. Mit seinen Stellungnahmen polarisierte Heiland bisweilen und nahm Alliierten von seiner Kritik nicht aus.
Vor der Machtergreifung durch die Nazis arbeitete Heiland als Hilfsmonteure beim städtischen Elektrizitätswerk und verlor 1933 aus politischen Gründen seine Stelle. 1936 erfolgte seine Verhaftung und Verurteilung „zu zwei Jahren Zuchthaus“. Der damalige Vorwurf: „Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens“. Wegen seiner politischen Überzeugungen war seine ganze Existenz bedroht. Diese Erfahrungen prägten Heiland nachhaltig.
Seine Erfahrungen brachte er bei der Entstehung unseres Grundgesetzes ein. So wurden im Grundgesetz gleich an mehreren Stellen -insbesondere in den Artikel 1 bis 5- darauf geachtet, dass der Staat seine Bürgerinnen und Bürger zu schützen hat und zwar unabhängig von deren Weltanschauung. Unsere Vergangenheit hat uns gelehrt, dass es eben nicht selbstverständlich ist, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind.
Der Wert unseres Grundgesetzes wird im Alltag viel zu oft unterschätzt. Vieles, was wir heute als selbstverständlich betrachten, verdanken wir diesem Dokument. Wir täten gerade in einer Zeit wie heute, in der Rechtspopulismus und in Teilen auch -extremismus einen Platz in unserer Gesellschaft findet, gut daran, uns auf den Wert und auf die Lehren unseres Grundgesetzes zu besinnen! Nicht ohne Grund haben die Mütter und Väter des Grundgesetzes Artikel 1 Abs. 1 vorangestellt: „Die Würde des MENSCHEN ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“
Wir erinnern heute an 70 Jahre Grundgesetz und gedenken unseres ehemaligen Amtsbürgermeisters und erstem Bürgermeisters der Stadt Marl, Rudolf Heiland. Durch sein Wirken ist auch ein Stück Marl in unserem Grundgesetz.
Peter Wenzel Brian Nickholz
SPD-Fraktionsvorsitzender SPD-Stadtverbandsvorsitzender