100 Jahre Verbundenheit

Steinkohlebergbau und die Sozialdemokratische Partei Deutschlands sind in Marl untrennbar miteinander verbunden. So verwundert es nicht, dass die Marler Genossinnen und Genossen in ihrem Jubiläumsjahr auf das Gelände des Bergwerks Auguste Victoria, Schachtanlage AV 1/2 einluden: Sie wollten mit ihrer kleinen Feierstunde zum 100-jährigen Bestehen an ihre Wurzeln erinnern. 100 interessierte Marler Bürgerinnen und Bürger folgten dem Aufruf, um gemeinsam mit Ehemaligen und Aktiven, mit Vorstand, Betriebsrat und Gewerkschaft mehr über Entstehungsgeschichte und Entwicklung der Marler Zechen zu erfahren.

Entsprechend hochkarätig besetzt waren auch die Reihen der Ehrengäste und Redner.
Nach einleitenden Worten des SPD-Chefs Michael Groß begrüßte Alois Thull, Personal- und Sozialdirektor des Bergwerks Auguste Victoria, als Hausherr die Besucher: „SPD und Bergwerk haben eines gemein: Wir sind schon ziemlich alt.“ Bereits 1905 nahm die Zeche, entstanden aus den Schächten Hansi I und Hansi II, seine Förderung auf. Heute noch ist AV ein aufnehmendes Bergwerk, das derzeit rund 2,8 Millionen Tonnen Steinkohle pro Jahr fördert. Auch auf eine mögliche zukünftige Nutzung hinsichtlich erneuerbarer Energien wies Thull hin: Ob durch Grubenwassernutzung oder als Pumpspeicherkraftwerk, Verschiedenes sei hier denkbar.

Jürgen Grunwald, vormals im IGBCE-Bezirksvorstand Recklinghausen und seit 40 Jahren SPD-Mitglied, versetzte seine Zuhörer mit einem Rückblick in das Jahr 1912: Nofrétete wurde gefunden und die Titanic sank. Die Bergarbeiter streikten für eine achtstündige Schicht und insbesondere die Erhöhung ihrer Löhne – und wurden dafür mit dem Abzug von sechs Tagelöhnen bestraft. Zeitzeuge Willi Kuprat, früher in der 1972 geschlossenen Zeche Brassert beschäftigt, erinnerte an die Zuwanderungswellen, als der Steinkohlebergbau in Marl noch in den Kinderschuhen steckte: So waren es auch ein Dutzend aus dem Erzgebirge stammende Kumpel, die im Sommer 1912 beschlossen, hier in Marl den ersten SPD-Ortsverein zu gründen.

An das bevorstehende Ende des deutschen Steinkohlebergbaus erinnerte der Betriebsratsvorsitzende Norbert Maus in seiner Ansprache. Er selbst war gerade von der Zechenschließung im Saarland zurückgekommen. Der SPD Marl dankte er ausdrücklich für ihren ausdauernden Einsatz im Kampf zum Erhalt der Bergbautätigkeiten. Auch Bürgermeister Arndt übte deutliche Kritik: „Es gibt keinen guten Grund, dass der Bergbau gehen muss. Für Marl ist es ein Keulenschlag.“

Viele der Besucherinnen und Besucher schwelgten in Erinnerung, als die rundum gelungene „Geburtstagsfeier“ bei Bratwurst, kalten Getränken und Musik von der AV-Bergkapelle in gemütlicher Runde ausklang. Michael Groß, beeindruckt von der großen Resonanz, dankte den Verantwortlichen für die Gastfreundlichkeit und jahrzehntelange gute Zusammenarbeit: „Ich bin ein Kind der Kohle und freue mich immer, wenn Genossen und Kumpel aufeinander treffen.“